In der Evangelienlesung vom 24. Sonntag (Lesejahr C) ging es um eine Randgruppe, die Jesus auf- suchte. Die Art und Weise, wie Jesus Gemeinschaft lebte, stieß auf heftige Kritik. Schließlich handelte es sich um Sünder! Jesus geht zu denen, die nicht mehr kommen dürfen oder wollen. Seine einladende und unkomplizierte Art schenkt diesen Menschen ihre Einzigartigkeit und Individualität wieder; lässt sie aus der grauen Masse der „Sündermenschen“ heraustreten. Er lässt sie zu Wort kommen, nimmt sie für voll.
Jesus gewinnt Menschen, sich dem Leben in Fülle zu öffnen, sei es durch eine Neuorientierung des eigenen Lebens oder (bloß) eine gute Erfahrung der Begegnung. Darin liegt für mich und meinen priesterlichen Dienst ein großer Anspruch. Natürlich bin ich nicht der erste, es gibt viele gute Beispiele von Priestern, die dieser Spur Jesu gefolgt sind. Nun bin ich an der Reihe zu leben, was ich vom Evangelium verstanden habe. Es handelt sich dabei jedoch nicht um soziale Romantik, denn nicht selten ist man die Projektionsfläche für Kirchenkritik oder bittere Erfahrungen, die Menschen mit kirchlichen Vertretern gemacht haben. Man muss die Menschen mit ihren Biografien und Lebensentwürfen ernstnehmen.
Priester-Sein bedeutet für mich primär, mit einem Dienst betraut zu sein, der sich am Evangelium orientiert. Dieser Dienst umfasst meine ganze Person, deshalb ist er (m)eine Lebensaufgabe. Dazu habe ich mich bei meiner Ordination bereiterklärt: Der Spur Jesu in dieser Welt folgen, wo sie auch hinführt.
Was macht Jesus aus? Dass er ganz bei Gott und ganz bei den Menschen war (Piet van Bremen SJ). Im Alltag ist dies leider nicht immer zu verwirklichen. Trotzdem: ein erstrebenswertes Ziel.
Kaplan Christoph Schneider, Lorsch, St. Nazarius, geweiht 2011