Als Primizspruch wählte ich aus dem Philipperbrief den Satz: „Jesus Christus ist der Herr.“ Ich ahnte damals noch nicht, welche Herausforderungen auf mich zukommen würden, aber ich wollte ein Wort mitnehmen, an dem ich mich immer wieder aufrichten oder trösten kann. Wenn ich Jesus Christus als Herr meines Lebens und meines priesterlichen Dienstes sehe, war mir klar: Er geht alle meine Wege mit und zeigt mir zur rechten Zeit die richtigen Worte und Entscheidungen auf. Das hat sich bis heute bestätigt.
Zehn Jahre bin ich nun Priester und seit fünf Jahren Pfarrer zweier Pfarreien. Rückblickend kann ich sagen, das Priester-Sein ist aus meiner Sicht so bunt wie die Farben des Regenbogens: Es gibt Zeiten, da teile ich mit Menschen Tränen: beispielsweise mit Eltern, die ihr Kind zu Grabe tragen. Es gibt aber auch Zeiten, da feiere ich mit Menschen, die sich lieben, Hochzeit. Es gibt Tage, da stehe ich gerade noch in der Grundschule vor der Klasse, und in der nächsten Stunde stehe ich bei einer hilflosen Familie auf der Intensivstation und sehe, dass alle mit der Situation überfordert sind. Bei allem, was ich erlebe, ist es mir immer wichtig zu fragen: Was braucht der Mensch, der mich ruft oder der zu mir kommt, von mir und von Gott. So versuche ich mein Ohr weit aufzumachen, um hören oder erspüren zu können, welche Bedürfnisse sich im Herzen meines Mitmenschen regen. Es macht mich glücklich zu sehen, wie Menschen durch ein Gebet, ein Segenswort, eine Geste oder ein Gespräch wieder klarer sehen können, Trost empfangen oder neue Kraft schöpfen.
Ich selber empfange Kraft durch Gemeinschaft im Glauben: in der Gemeinde durch Menschen, die mit mir Eucharistie feiern, durch Glaubensgespräche, durch meine drei Ordensschwestern und meine Mitarbeiter, mit denen ich mich verbunden fühle. Die Verbindung mit Menschen ist mir wichtig, weil ich darin auch die Verbindung mit Gott erlebe. Gottverbunden leben heißt für mich. Menschenverbunden leben.
Manchmal genieße ich es aber auch, Abstand zu haben und mich mit ganz anderen Dingen zu beschäftigen: Sport treiben, ins Kino gehen, Ausstellungen und Museen besuchen, Freundschaften pflegen. Aber immer wieder freue ich mich, wenn ich in meinen „Weinberg des Herrn“ zurück fahre und mein Kirchturm mich schon von weitem „grüßt“. Dann weiß ich: Es ist gut, dass ich als Priester da bin. Gott kann mit mir hier etwas anfangen, und dann bin ich gespannt, was als nächstes auf mich wartet.
Pfarrer Christian Rauch, Groß-Zimmern/Klein-Zimmern, geweiht 2003